Forderungen des Frauennotruf beim Streik am 27.11.2025

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Aus Protest gegen die geplanten Haushaltskürzungen der Stadt Heidelberg hat der Frauennotruf gemeinsam mit anderen Vereinen der Arbeitsgemeinschaft Heidelberger Frauenverbände und -gruppen (Frauen-AG) am 27.11.2025 gestreikt und vor dem Rathaus eine Kundgebung abgehalten. Mit der folgenden Rede haben wir unsere Position und unsere Forderungen vertreten.

Liebe Mitstreiter*innen,

wir stehen heute hier gemeinsam im Streik.

Wir streiken, weil kommunal, landes- und bundesweit im sozialen Bereich gekürzt wird. Dabei bildet dieser das Fundamt für eine echte demokratische Gesellschaft.
Wir streiken, weil wir wissen: Soziale Einrichtungen bilden ein gemeinsames Netz. Ein Netz aus Schutz, Beratung und Unterstützung, das Begegnung ermöglicht. Wenn ein einzelner Faden gekappt wird, wird das ganze Netz geschwächt.

Mit unserem heutigen Streik legen wir den Fokus auf Einrichtungen der Heidelberger Frauen AG. Diese unterstützen Frauen, Mädchen und LINTA*-Personen durch Beratungs- und Präventionsangebote, die in unserer Gesellschaft Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt sind: migrantische Personen, Personen mit Behinderungen, Queere Menschen, armutsbetroffene Personen. Diese sind zudem signifikant häufiger von Gewalt betroffen. Und genau hier soll gekürzt werden. Davon sind nicht nur einzelne Fäden betroffen, sondern alle. Das heißt, wir reden nicht nur von einer Schwächung des Netzes, sondern von einem Zusammenfall.

Die kommunalen Kürzungen der Stadt Heidelberg stehen nicht für sich. Sie sind Teil bundesweiter politischer Entscheidungen. Während im Sozialen weiterhin gespart wird, wird bundesweit die Schuldenbremse für die militärische Aufrüstung gelockert. Es fließen Milliarden in Waffen, Panzer, Drohnen und militärische Programme. Gleichzeitig rückt eine Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht in den Mittelpunkt.

Das wird Sicherheitspolitik genannt.
Aber Fakt ist: Aufrüstung schafft keine Sicherheit.
Weder Panzer noch Wehrpflicht schützen vor Gewalt im Alltag.

Sicherheit entsteht dort, wo Menschen Zugang zu Beratung, Prävention, Schutzräumen, gerechter Teilhabe und sozialer Absicherung haben. Sicherheit entsteht durch ein starkes soziales Netz – nicht durch militärische Eskalation. Wir stehen hier, weil wir tagtäglich erleben, was passiert, wenn dieses Netz geschwächt wird:

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen, Mädchen und LINTA*-Personen ist Alltagsrealität.

  • Mehr als jede 2. Frau* erlebt sexualisierte Übergriffe im Laufe ihres Lebens. Das sind hochgerechnet auf Heidelberg allein 35.000 Betroffene.
  • Monatlich beraten wir allein 1-2 junge Betroffene, die in der Heidelberger Altstadt vergewaltigt wurden.
  • Im Jahr 2024 begleiteten wir allein 121 Frauen, Mädchen und LINTA*-Personen, die in der Kindheit schweren sexuellen Missbrauch erlebt haben.

Staat und Kommunen haben dabei einen klaren Schutzauftrag für ihre Bevölkerung: Schutz bedeutet Unterstützung, Prävention und Solidarität. Dafür braucht es stabile Strukturen und spezialisierte, erfahrene Einrichtungen wie unsere.

Damit wir unser Angebot aufrechterhalten können, benötigen wir zwingend die im Doppelhaushalt vorgesehene Zuschusserhöhungen. Ohne diese müssen wir Angebote streichen, unsere Erreichbarkeit für Betroffene reduzieren und verlieren evtl. qualifiziertes Fachpersonal. Und das obwohl wir uns als Stadtgemeinschaft eigentlich auf das Gewalthilfegesetz 2030 vorbereiten sollten, das jeder betroffenen Person eine wohnortnahe, spezialisierte Beratung garantieren soll!

Wir appellieren daher an die politische Verantwortung der heute hier tagenden Gemeinderät:innen, die Haushaltseinsparungen nicht auf dem Rücken derjenigen auszutragen, die auf unsere spezialisierte Unterstützung angewiesen sind:

  • Setzen Sie die angekündigten Kürzungen nicht um.
  • Erhalten Sie die Zuschusserhöhungen wie im Doppelhaushalt vorgesehen.
  • Halten Sie unseren Vertrag mit der Stadt Heidelberg aufrecht.

Um darauf aufmerksam zu machen, streiken wir. Und wir streiken in Solidarität – mit allen, die unter Kürzungen leiden und mit allen Beschäftigten in den sozialen Einrichtungen, die trotz schwindender Mittel versuchen, dieses Netz stabil zu halten.

Wir stehen zusammen – feministisch, antikapitalistisch, solidarisch.
Wir streiken, damit das Netz hält.

Mitarbeiterinnen des Frauennotruf bei der Kundgebung am 27.11.2025 vor dem Rathaus in Heidelberg

Mitarbeiterinnen von Frauennotruf und PLUS e.V. bei der Kundgebung am 27.11.2025